Sonntag, 29. Juni 2025

Wüste oder Wald rund um Maxdorf?

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Die Klassen 7a und 7d untersuchen mit einem Förster die Folgen des Klimawandels im Wald neben der Schule – und wagen einen Blick in die Zukunft

„Der Borkenkäfer befällt alle Fichten im Wald und sie kippen um“, sagt Förster Volker Westermann. Drei Schülerinnen und Schüler tuen so, als würden sie umfallen. Doch da die ganze Klasse untergehakt im Kreis steht, werden sie von ihren Mitschülern gehalten und fallen nicht zu Boden. Alle lachen. „Jetzt befällt ein Pilz zwischen Rinde und Holz die Buchen und sie fallen um“, sagt Förster Westermann, und drei andere Kinder fallen wieder nur halb zu Boden, da sie wieder von den Nachbarn gehalten werden. Das gleiche passiert mit den Eichen, Kiefern und anderen Baumarten. Doch in der zweiten Runde des Spiels, dass der Förster im Rahmen des mobilen Umweltbildungsangebotes „Rucksackschule“ der Landesforsten Rheinland-Pfalz erst mit der 7a und später mit der 7d an diesem Vormittag im Wald nahe des Lise-Meitner-Gymnasiums spielt, passiert etwas Unvorhergesehenes: „Der Borkenkäfer befällt wieder alle Fichten“ – die ganze Klasse lässt sich fallen und kullert lachend auf dem weichen Waldboden herum.

„Wenn der Wald nur aus einer Baumart besteht, geht er viel leichter kaputt“, bringt es ein Schüler auf den Punkt, nachdem sich alle wieder etwas sortiert und zurück in den Kreis gestellt haben. So ist es, bestätigt der Förster – in einem Mischwald, der aus verschiedenen Laub- und Nadelbäumen besteht, leidet bei einem Schadensereignis wie einem Insekten- oder Pilzbefall immer nur ein Teil der Bäume, zum Beispiel nur die Fichten oder nur die Buchen. Ein bunt gemischter Wald mit verschiedenen Baumarten, auch mit Bäumen verschiedenen Alters, ist also in Zeiten des voranschreitenden Klimawandels deutlich widerstandsfähiger – auch gegen länger anhaltende Dürreperioden im Sommer, oder immer häufiger auftretende und immer heftigere Stürme. So haben Kiefern zum Beispiel tief reichende sogenannte Pfahlwurzeln, erklärt Förster Westermann weiter, die ihnen bei einem Sturm Stabilität verleihen, während Fichten Flachwurzler sind und bei starken Böen leicht umkippen. Besteht dann der ganze Wald nur aus genau gleich alten Fichten, also aus Fichten-Monokulturen, erklärt der Förster, so wie sie in Deutschland über viele Jahrzehnte angepflanzt wurden, reicht ein Sturm oder eine Borkenkäferplage und der ganze Wald liegt darnieder, so wie zum Beispiel vielerorts im Harz.

Wie sieht es nun im Wald neben unserer Schule aus? Die Schüler schwärmen mit Bestimmungsmaterialien aus und bringen Blätter von Stechpalme, Mehlbeere, Eiche, Edelkastanie und Bergahorn, Linde, Birke, Robinie sowie Kiefernnadeln zurück auf die Lichtung und stellen die Bäume kurz vor. Die Vielfalt ist dennoch nicht besonders groß, merken die Schüler im Gespräch mit dem Förster jedoch schnell, denn die meisten der Bäume haben sie nur ein oder zwei Mal gefunden. Nichtsdestotrotz – wir stehen in einem Mischwald, der allerdings massiv unter den vielen Dürresommern der letzten fünf bis zehn Jahre gelitten hat. „Seht ihr die großen Lücken im Kronendach?“, fragt der Förster. In den letzten Jahren mussten unzählige Kiefern gefällt werden, da sie wegen der Trockenheit abgestorben sind. Durch jede Lücke im Kronendach brennt die Sonne an heißen Sommertagen ungebremst bis auf den Waldboden und trocknet diesen schneller aus, weitere Bäume sterben ab, mehr Lücken im Kronendach – eine der vielen sich selbst verstärkenden Folgen des Klimawandels. „Seht mal dort“, sagt er und zeigt auf eine abgestorbene Kiefer, die letztes Jahr wohl noch nicht vertrocknet und gefällt worden war. „Und dort noch eine“, bemerkt ein Schüler.

Die Folgen des Klimawandels sind also schon deutlich sichtbar im Wald neben unserer Schule. Wie geht es mit ihm nun weiter? Je nachdem, wie viel die Menschen in den nächsten Jahren Auto fahren, fliegen oder andere Dinge tun, die viel CO2 in die Atmosphäre bringen (Streaming, Ernährung, KI, etc.), erwärmt sich die Erde stärker oder weniger stark, erklärt Westermann. Diesmal bekommen die Schüler eine Tabelle: Bäume, die es hier nicht mehr geben wird, wenn sich die Temperatur bis zum Jahr 2100 um 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erhöht (rote Bänder); und Bäume, die es dann hier noch geben wird (blaue Bänder). An einer anderen Stelle im Wald markiert die zweite Hälfte der Klasse die Bäume im 4°C-Szenario. Schnell sind die beiden Flächen vor allem mit roten Bändern markiert, in der 4°C-Fläche gibt es fast gar keine blauen Bänder mehr. Bereits im 2°C-Szenario fallen die hier so häufigen Kiefern aus. Doch die Edelkastanie schlägt sich wacker. „Sie kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum wo es wärmer und trockener ist“, erklärt der Förster. „Die Römer haben sie hierhergebracht, auch als Nahrungsquelle.“

Doch es bleibt leider keine Zeit mehr für geröstete Maronen. „Ich dachte, wir gehen noch weiter in den Wald rein“, sagt ein Schüler. So kurz können drei Schulstunden sein, wenn sie im Wald stattfinden. „Eines möchte ich euch aber noch zeigen“, sagt Westermann und führt die Klasse zweihundert Meter weiter. Plötzlich lichten sich die Bäume und die Schüler stehen in einer völlig baum- und buschlosen Landschaft, in der das Gras schon gelblich vertrocknet ist und wo sogar stellenweise der Sand offen zutage liegt, wie in einer Wüste. „Wie es hier aussieht, wenn ihr so alt seid wie ich, und was dann eure Kinder und Enkel hier sehen – das ist eure Verantwortung“, sagt der Förster. Wird es also in einigen Jahrzehnten rund um Maxdorf statt Wäldern und Feldern nur noch Steppe geben, oder gar Wüste? Oder doch noch etwas Wald für einen schönen Spaziergang an heißen Sommertagen im Schatten eines geschlossenen Kronendaches?

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